Neujahrsempfang der Hamburger Volksbank

Rede von Dr. Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank

9. Januar 2017, Museum für Völkerkunde

ehr geehrte Zweite Bürgermeisterin und Senatorin Katharina Fegebank,
sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Dr. Arno Bäcker, unser neuer Präsident der Bundesbank in Hamburg,
alle Freundinnen und Freunde der Hamburger Volksbank,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich darf Sie sehr herzlich zum Neujahrsempfang 2017 Ihrer Hamburger Volksbank begrüßen. Ich tue dies auch im Namen meiner Vorstandskollegen Dr. Thomas Brakensiek und Thorsten Rathje; sowie unseres stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Stefan Schwarz. Unsere Neujahrsempfänge sind wie die Hamburger Volksbank: eine perfekte Mischung aus Tradition und immer wieder Neuem. Traditionell begegnen Sie einer Hamburger Senatorin oder einem Senator und ca. 300 Kunden sowie Freunden der Bank. Innovativ, weil wir jedes Jahr in einem anderen aufregenden Hamburger Gebäude zu Gast sind.

Und heute ist Sie bei uns: unsere Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank. Im letzten Jahr war sie kurzfristig verhindert; vertreten wurde sie in der Hafen-City-Universität durch Senator Frank Horch. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: begrüßen Sie mit mir unsere 2. Bürgermeisterin Katharina Fegebank mit einem hinreißenden Applaus.

Mein herzlicher Dank geht an das Völkerkundemuseum, das uns an einem museumsfreien Montag mit soviel Kompetenz und Freundlichkeit in ihrer Sammlung und diesen wunderbaren Räumlichkeiten begrüßt. Tausend Dank auch an Sie, sehr geehrte Frau Chavez de Lederbogen, Frau Koch, Frau Ture und Frau Weichlein, die uns so kenntnisreich, pointiert und einfühlsam durch Dschungel, Prärie, Steppe und Wüste geführt haben. Ebenfalls sehr herzlichen Dank an Herrn Arne Bosselmann....

Die Welt zwischen einer Zivilisationsfinsternis und neuen Utopien

In schwierigen Zeiten muss man die gute Laune selbst mitbringen. Terror; Krieg, Flüchtlingschaos, Finanzkollaps, digitale Revolution – die Weltordnung, wie wir sie einmal kannten, ist nur noch schwer auszumachen. An ihre Stelle ist eine Weltunordnung getreten, die kaum noch Halt bietet. Angesichts eines Rumpelkapitalismus scheint die ehemals gültige Weltformel aus Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft ihre Heilkraft verloren zu haben. Die Planierraupe des Populismus hat Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gemacht und die Brexit-Entscheidung hat gezeigt, dass mit dem heutigen EU-Europa offenbar kein Staat mehr zu machen ist. Allerdings muss man mit endgültigen Bewertungen vorsichtig sein. Oder um es mit Kurt Tucholsky zu sagen: “Das Volk versteht das meiste falsch; aber es fühlt das meiste richtig.”

Bricht also eine neue Zivilisationsfinsternis an oder ist die tatsächliche Lage der Welt, insbesondere unserer Welt, nicht wesentlich besser als viele fühlen? In den USA soll ein Kapitalist, nach dem Willen seiner Wähler, die Probleme lösen, die der Kapitalismus dem Volke eingebrockt hat. Mit Trump kapert die Sphäre der Ökonomie die Sphäre der Politik, das Musterexemplar des Homo oeconomicus hat sich mit den Stimmen seiner Wähler in den Staat eingekauft und will ihn führen wie einen Konzern. Der alte Dealer ist der neue Leader.

Europa könnte an einer zu groben Vereinheitlichung scheitern

Eine Vereinigung souveräner europäischer Staaten hätte eigentlich ein Erfolgsmodell werden können. Die EU krankt daran, dass sie versucht, alles über einen Kamm zu scheren und sich nicht an verbindliche Regeln hält. Man hat nicht verstanden, dass es ganz unterschiedliche Wirtschaftskulturen in Europa gibt, mit denen die Länder über Jahrhunderte gut gefahren sind. Wer nach mehr Europa ruft, denkt geschichtslos. Es ist ein Fehler, Europa etwas überzustülpen, was gar nicht in der DNA des Kontinents liegt. Europa ist ja gerade durch seine Vielfalt groß geworden. Jeder Versuch der groben Vereinheitlichung muss scheitern. Nirgends ist man weiter weg von Europa als in Brüssel und Frankfurt.

Dies sieht man deutlich an der Geldpolitik. Sie muss eine einheitliche Politik für einen Währungsraum machen, in dem die Länder konjunkturell und strukturell sehr unterschiedlich dastehen. Sie ist also für das eine Land zu restriktiv und für das andere zu expansiv. Die Geldpolitik sollte aber nur die Ziele Preisstabilität und Stabilität des Finanzsystems haben und nicht den Euro retten sowie als Reparaturbetrieb der Fiskalpolitik agieren.

Neue Forschungen zeigen, dass in hoch individualisierten Gesellschaften eine identitätsstiftende Ebene nur noch auf der Ebene von Regionen, Dörfern, Städten und Metropolen gefunden werden kann. In finanzwirtschaftlichen Kategorien sind dies die Regionalbanken mit der Erfahrung der eigenen Wirksamkeit und Entscheidungsbefugnis. Die EU muss den Bedeutungszuwachs der Regionalbanken in lokalen Ökonomien stärken und nicht regulatorisch kastrieren.

Und selbst der im Investmentbanking geschulte Bundesbanker Andreas Dombret hat erkannt: "Vielleicht brauchen wir nicht weniger Banken, sondern einfach nur kleinere, „ d.h. die großen Banken müssen sich gesundschrumpfen. Alle Banken werden jedoch in einen Topf geworfen, jede erhält ihre Refinanzierung zum Nulltarif. Schon nach der Finanzkrise 2008 wurde es versäumt, die in Europa im Finanzsektor entstandenen Überkapazitäten abzubauen und die maroden Banken in ausreichendem Maße nachhaltig zu sanieren oder abzuwickeln.

Die Kapitalmärkte sind mittlerweile daher eher ein Spiegelbild der Geldpolitik als ein Spiegelbild der Realwirtschaft. Nach meiner Auffassung müssen die Finanzierungsbedürfnisse der Realwirtschaft für die Struktur der Finanzwirtschaft prägend sein. Es gibt seit einiger Zeit zu viele und zu billige Kredite, da die Kosten der schuldenfinanzierten Kreditvergabe der Banken teilweise von Dritten nämlich den Steuerzahlern getragen werden. Zombiebanken halten somit Zombieunternehmen am Leben. Das “too big to fail”-Problem ist bis heute nicht gelöst, siehe als letztes echauffierendes Beispiel die stattliche Rettung des Monte dei Paschi in Italien.

Die EZB und die von ihr verursachten Kollateralschäden

Die nächste Finanzkrise wird ihre Ursachen damit in einer falschen Regulierung und in einer fatalen Geldpolitik haben. Wir sind alle Teil eines gigantischen volkswirtschaftlichen Experimentes, dessen Ausgang vollkommen ungewiss und unvorhersehbar ist.

Durch die gegenwärtige Notenbankpolitik können sich Unternehmen zinsgünstige Kredite sichern. Davon profitieren in erster Linie kapitalmarktfähige Unternehmen. Der Ankauf von Unternehmensanleihen führt zu einer Diskriminierung mittlerer sowie kleinerer Unternehmen und von Bankkrediten als Finanzierungsform.

Sie merken an meinen Ausführungen, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich wahrlich kein Freund der Geldpolitik der EZB bin. Die EZB muss sehr schnell mit ihrer Geldpolitik zur Normalität zurückkehren, um weitere Verwerfungen zu verhindern. Insbesondere die negativen Zinsen. Diese Situation hat es in 4000 Jahren Zinsgeschichte noch nicht gegeben. Dies belastet die kunden- und zinsorientierten Geschäftsmodelle der deutschen Regionalbanken in extremer Form. Wenn wir nun darüber nachdenken, einen Teil dieser Belastungen an ausgewählte größere Einleger weiterzugeben, so sehen Sie dies bitte als eine Notwendigkeit, um unserer Pufferfunktion noch nachkommen zu können und einen Akt der solidarischen Selbstverteidigung, um Privatkunden in der Breite vor Negativzinsen zu schützen. Die deutschen Banken haben in 2016 bereits rund 1,5 Mrd. € an negativen Zinsen an die EZB gezahlt, was etwa 6 % ihres Vorsteuer-Jahresergebnisses entspricht.

Die Hamburger Volksbank mit „Man kennt sich“ und Digitalisierung

Die Hamburger Volksbank wird ihre eigenen Geschäftsaktivitäten auf Basis ihrer ökonomischen Stärke weiterentwickeln ohne ihre Grundwerte der Stabilität, Transparenz und ihrer dienenden Rolle für die Realwirtschaft und für die Gesellschaft zu verlassen. Unser Strategieprojekt “Smartes Volksbanking 2020 in Hamburg” hat im Jahre 2016 volle Fahrt aufgenommen. Die digitale Revolution wird unsere Geschäftsaktivitäten verändern, unser Slogan “Man kennt sich” wird aber auch in der Zukunft immer persönlich gelebt werden. Menschen sind nicht digital. Wir sind und bleiben Wesen aus Fleisch und Blut, die sich in der analogen Welt, im Sinnlichen, orientieren. So wird Musik heute zwar weitgehend digital konsumiert. Die größten Wachstumsraten haben jedoch persönliche Konzertbesuche – damit kommt die Erbphilharmonie übermorgen zur rechten Zeit.

Tatsächlich sind die Herausforderungen durch vernetzte Computer und intelligente, selbstlernende Programme vielen von uns unheimlich. Das ist kein Wunder. Schließlich handelt es sich, wie das heute heißt, um eine disruptive, technische Entwicklung mit tief greifenden Veränderungen unserer Gesellschaft, vergleichbar nur mit der Erfindung des Buchdrucks oder der Industrialisierung. Es handelt sich um eine Systemtransformation mit Veränderungen, die schnell und umfassend kommen. Die Welt wird neu vermessen. Wie eine neue Haut zieht sich die Digitalisierung über alte Strukturen und löst diese ab. Und viele Menschen fragen sich: Wo ist mein Platz in dieser Welt?

Auch sagen viele Experten voraus, dass die Digitalisierung die Hälfte aller Arbeitsplätze bedroht. Doch solche Prognosen sollten uns nicht schrecken. Computer können Arbeit ersetzen, ja. Aber auch die Fähigkeiten der Beschäftigten erweitern. Dann bringt der Mensch sein Wissen, seine Intuition und seine sozialen Fähigkeiten ein - und das Ergebnis ist sicherlich besser, als die Entscheidungen allein einer Software zu überlassen.
Humanismus und technische Fertigkeiten stehen sich nicht etwa feindlich gegenüber, Sie gehören zusammen. Digitalisierung ist kundenzentriert und umfasst ganzheitliche Innovationen im Verhältnis von Kunde – Prozess – und Technologie. Somit werden Menschen, Märkte und Dinge zueinander im Sinne des Maßvoll-Menschlichen in Beziehung gesetzt.

Und wir werden die Volksbank sein, die dabei vorangeht. Dort, wo die Bank früh das offensichtlich Notwendige veranlasst hat, da wird sich der Erfolg auch einstellen. Das ist meine Erfahrung: Es lohnt sich, wenn wir uns modernisieren. Wir müssen der Erkenntnis Taten folgen lassen. Bringen wir also die besten Ideen zusammen und schaffen den Übergang zu einer modernen Volksbank. Wir haben mit unseren Eigentümer, unseren Kunden und unseren Mitarbeitern Partner, die sich gegenseitig antreiben und Interessen austarieren können. Teamwork, Agilität und Leadership sind die uns alle verbindenden Eigenschaften und Fähigkeiten.

2016 – ein gutes Jahr für die Hamburger Volksbank

Lars Haider hat es heute morgen so formuliert: Wer führen will, muss fröhlich sein. Ich habe angesprochen, dass wir unsere gute Laune selbst mitbringen müssen. Und gute Laune habe ich, wenn ich Ihnen wiederum von einem guten Jahr 2016 Ihrer Hamburger Volksbank berichten darf. Wir haben fast 60.000 Eigentümer – keine Bank in Hamburg hat eine so breite Basis von Eigentümern wie die Hamburger Volksbank.

Unsere Kundenkredite sind um 165 Mio. €, das sind fast 12 % angestiegen. Parallel sind Ihre Kundeneinlagen ebenfalls um 167 Mio. €, + 8,3 %, angestiegen. Ein phänomenaler, organischer Gleichklang, der zu einem Rekordwachstum geführt hat. Ein eindrucksvoller Beweis für den phantastischen Kundenzuspruch und das weiter waschsende Vertrauen in unserer Geschäftsmodell.

An dieser Stelle ist es mit meiner guten Laune allerdings vorbei. Obgleich wir für Einlagen kaum noch Zinsen zahlen, die Kredite in Rekordgeschwindigkeit wachsen, ging unser Zinsüberschuss in 2016 um 1 Mio. € zurück! Ein Zusammenhang, der mich zur Weißglut treibt: unsere Mannschaft macht einen hervorragenden Job, wird von ihren Kunden mit exorbitant wachsenden Geschäften belohnt und – der EZB sei Dank – ich muss berichten, dass am Ende weniger übrig geblieben ist. Unser Betriebsergebnis bildet damit unseren großartigen Markterfolg immer weniger ab.

Wir haben die Weichen für die deutlich härter werdenden Zeiten gestellt. Strenge Kostendisziplin, systematische Prozeßverschlankungen und der kundenorientierte Einsatz unserer Berater sowie der digitalen Infrastruktur nicht nur bei uns, sondern in der gesamten Genossenschaftlichen FinanzGruppe machen uns zukunftsfähig.

Der Garant dafür, dass wir auch in der Zukunft erfolgreich bleiben werden, sind unsere herausragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind stolz auf ihr ausgezeichnetes Engagement und ihre Erfolge. Wir haben ein Team von Kollegen, die häufig schon viele Jahre zusammen arbeiten. Immer wieder ergänzt um junge Talente, die einen neuen Esprit und neue Kompetenzen einbringen. Wir fordern von unserer Belegschaft eine hohe Flexibilität und beständigen Weiterbildungshunger, dafür bieten wir sichere und entwicklungsfähige Arbeitsplätze. Herzlichen Dank an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre erfolgreiche und der Zukunft zugewandte Arbeit im Jahre 2016. Danke!!

Anleger müssen ihren Horizont erweitern

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